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Functional Training Part 2 – Spezifik & Belastung im Training

In Teil 1 haben ich ja bereits meine ersten Probleme mit dem Functional Training erklärt und versprochen mich in Teil 2 Der Trainingssteuerung zu widmen. Nachdem ich letzten Dienstag jedoch das Vergnügen hatte den Performance Specialist und Athletiktrainer Quirin Söhnlein (Red Bull Eishockey München) kennen zu lernen und mit ihm über Training zu reden, möchte ich einen anderen Weg wählen meine Probleme mit Functional Training weiter zu erläutern.

P1050743Erinnern wir uns an die Definition des funktionellen Trainings nach Gambetta, dann wird es schwierig zu sagen warum Kniebeugen nicht so funktionell sind wie einbeinige Kniebeuge auf einem wackeligen Untergrund. Beides sind grundlegende Bewegungsmunter, keine Isolationsübung und closed kinetic chain exercises.

Aber jetzt kommt ja das große Argument pro unilateraler Arbeit: Im Sport sind die meisten Bewegungen ja einbeinig.

Und nun kommen wir zum unvermeidlichen Thema Spezifik…

Nur weil etwas aussieht, als wäre es der Bewegung auf dem Feld ähnlich ist die Spezifik nicht hoch!

Krafttraining ist IMMER GENERELL auf Grund seiner Natur der tonischen, langsamen Bewegungen. Alle Übungen, die mit einer Hantel ausgeführt werden sind langsamer als alles was im Sport tatsächlich schnell ist.  Doch das ist nicht der einzige Punkt.

Was wollen wir mit Krafttraining erreichen?  Diese Frage sollte man viele Experten fragen, denn die Antwort wird meist viel komplizierter sein, als das was die eigentliche Wahrheit ist:

Mit Krafttraining wollen wir Anpassungen erreichen, die spezifisch für den Sport sind.

Was sind Anpassungen die wir eventuell, funktioneller Weise, durch Training erreichen wollen? Ein paar Beispiele:

  • Hypertrophie – Als Schutz in Kontaktsportarten und Grundlage zur Steigerung der Maximalkraft
  • Reaktivität – zur Verbesserung der Kraftentwicklung im kurzen Dehnungs-Verkürzungszylus
  • Maximalkraft – als Grundlage für Explosivkraft und Erhöhung der maximalen Kapazität
  • Aerobe Ausdauer – Als Grundlage der Regeneration für anaerobe Belastungen und Hauptstoffwechselbereich in vielen Teamsportarten
  • Propriozeption und korrekte Stabilisierungsmechanismen – zur Prävention und Verbesserung der Mechanik

Die Spezifik liegt also nicht in der äußeren Erscheinung der Übung sondern viel mehr in dem was im Körper passiert oder wie das Training unseren Körper verändert.

Wie im Schnellkraft Beitrag zu lesen ist, kann sich die erreichte Anpassung manchmal doch sehr von dem unterscheiden, wonach es aussieht. Eine hohe Maximalkraft ist eben doch von Vorteil, da sie die maximale Kapazität bildet, die durch spezifisches Training oder SPP (special physical preparation) ausgenutzt werden kann. Wenn ich Quirin dabei frei zitieren darf:

” Um Kraft zu entwickeln braucht man einfach eine gewisse Last.”

Die Angst vor dieser Last ist meiner Meinung nach einfach darin begründet, dass leider zu wenige Trainer wissen, wie tatsächlich Kraft trainiert werden kann. Hierfür braucht es nicht immer maximale Auslastung, wie im Bodybuilding und nicht immer maximale Lasten. Ein intelligenter Plan der die Variablen Volumen, also die Wiederholungen und Sätze, und die Intensität, also wie schwer es ist, nach den Grundregeln der Trainingsplanung manipuliert, wird ohne enorme Belastung eine schöne Kraftsteigerung mit sich bringen. Wenn man sich allerdings nicht sicher ist, wie eine Kniebeuge auszuführen ist und man nur die gängigen 3×12, 5×5 etc. als Möglichkeit der Planung kennt, dann stellt das Ganze eben mehr Probleme dar als eigentlich notwendig.

Die richtige Reaktion darauf wäre jedoch, sich mehr mit diesen Themen auseinanderzusetzen und nicht die Übungen auf das Niveau der Reha runterzuskalieren und das Training in Beschäftigungstherapie, gefüllt mit bunten Gimmicks und neuesten Trends zu verwandeln

Selbstverständlich haben unilaterale Übungen ihren Platz im Training, sind stabilisierende Übungen essentiell und ist Koordination ein Bestandteil des Trainings – es ist aber auch nicht alles und es sind eigenständige Bestandteile.

Dementsprechend sollten wir Training nicht in unfunktionell und funktionell unterteilen, denn das zeigt nur ein Unverständnis gegenüber sportlichem Training.

Vielmehr gilt es im Training IMMER die besten Lösungen für den Trainingsprozess spezifischer Sportarten, Zielsetzungen, Ausgangspositionen und Umstände zu finden.

Euer Coach B

Functional Training – hast du sonst keine Hobbys? Teil 1

Functional Training 

spaltet die Trainingswelt immer wieder auf ein Neues. Die eine Seite besteht aus überzeugten Verfechtern dieser Weltanschauung, die andere Seite wird oft von den Hardcore Hebern diePhuoc back 2ser Welt verfochten.

Mein Unverständnis gegenüber Functional Training liegt nicht daran, dass ich selbst Powerlifter bin, sondern viel mehr in einem mangelnden Respekt dieser Bewegung gegenüber der Trainingswissenschaft und Training in seiner Basis.

Warum das?

Dafür sollten wir erstmal definieren, was Functional Training ist:

„Bewegungen, die nur einen einzigen Muskel isoliert beanspruchen, sind als unfunktionell zu bezeichnen. Funktionelle Bewegungsformen integrieren immer mehrere Muskeln und Muskelgruppen gleichzeitig.“ (Gambetta und Gray 2002: Michael Boyle: Functional Training. S. 11)

Dieses Zitat habe ich allerdings aus dem Wikipedia Artikel  entnommen – nicht direkt aus dem Buch.

Der erste Punkt, der mich an dieser Definition verwundert: Warum wäre mein Powerlifting Training dann nicht functional? Ich mache Kniebeugen, Kreuzheben, Bankdrücken, Klimmzüge, Lunges, Military Press….. oder anders gefragt ist dann nicht so gut wie alles functional?  Halt nein! Geräte und Isolationsübungen sind nicht functional!

Warum sind Isolationsübungen unfunktionell? Die Antwort finden wir direkt danach:

“Im Grunde genommen werden Bewegungen, anstelle einzelner Muskeln trainiert”

Die Grundidee ist also die Funktionalität durch Bewegungsmuster, die nahe an “natürlichen” Bewegungen liegen, zu schaffen. Hier treffen wir wieder die Spezifik an (Sie wird ein steter Begleiter in diesem Blog sein…) Die Spezifik läge hier in natürlichen Bewegungen.

Viele Ansätze des Functional Trainings kommen aus der Physiotherapie, gleichzeitig verbannt man aber den Gedanken, dass das isolierte Training eines Schwachpunktes im System die Grundlage für ein verbessertes Bewegungsmuster sein kann.  Für mich nicht schlüssig, aber ist nur meine Meinung – ohne wissenschaftliche Basis.

Mein größter Kritikpunkt ist die Scheu vor Belastung aus den falschen Gründen und vor allem die massiv vorherrschende pseudo Logik.

Belastung und Training

Hier beginnt mein Kritikpunkt, dass Sportwissenschaft einfach zu oft übergangen wird.

Training ist immer die Situation in der wir den Körper einem Reiz aussetzen, welcher überschwellig, also größer als bekannt sein muss, um eine Anpassung
während der Erholung auszulösen.

Belastung ist also eine notwendige Komponente des Trainings. Ist die Belastung zu niedrig – keine Anpassung. Ist die Belastung zu hoch – Überlastung. Ist die Belastung unphysiologisch – Verletzung.

Im Training muss Belastung gesteuert werden, das ist Trainingsplanung. 

Wenn man nun die Übungen mit koordinativen Reizen überflutet in dem man wackelige Untergründe, Barfuss Arbeit, wackelige Lasten etc. nutzt, dann fühlt sich das Training schwierig und anstrengend an – der Reiz ist trotzdem niedrig. Natürlich kann man eine Zeit Fortschritte machen, aber die sind nahezu ausschließlich koordinativer Natur…

Ich predige immer, dass Training nicht maximal sondern optimal sein sollte, aber wirklich es kann auch einfach ein Hobby sein sich schwierige Aufgaben zu stellen und diese zu lösen – es ist aber kein Training!

Wir haben also das Problem der unterschwelligen Reize, die vor allem auf zwei Dingen beruht:

  1. Falsche Belastungsbewertung
  2. Keine Ahnung von Trainingssteuerung

Falsche Belastungsbewertung:

Belastung ist nicht immer direkt korrelierend mit der externen Last! Oder einfacher ausgedrückt:

Die Belastung die a
uf die Gelenke wirkt ist nicht immer gleich dem was man auf der Hantel hat.

Ein Beispiel, um d
ies zu verdeutlichen: Wenn ein durchschnittlicher Mensch seinen Quadrizeps anspannt, erzeugt er damit eine Kompression von 700N, also ca. 70kg – ohne auf dem Bein zu stehen.

Wenn ich einen Kettlebell Carry mache mit einer 20kg Kettlebell in der rechten Hand wirkt auf meine Wirbelsäule nicht eine Last von  20kg – die Muskulatur die meine Wirbelsäule stabilisiert erzeugt ein vielfaches an Kompression. Wer dazu mehr wissen möchte sollte sich diesen Podcast von Smarter Team Training mit Dr. Stuart McGill anhören.

Dementsprechend ist eine Bewegung mit Körpergewicht nicht immer eine niedrige Belastung und die wirkende Last eines 3kg Gewichtes mit ausgestrecktem Arm eben ein Resultat des wirkenden Hebels – also ein Vielfaches.

Wie vorhin schon erwähnt ist das alles grundsätzlich nicht schlimm – wir brauchen Belastung ja um einen Trainingsreiz zu setzen. Aber wir müssen eben wissen, dass die Belastung nicht so niedrig ist wie das Gewicht, das wir in der Hand haben. Wir müssen aber auch kein Angst davor haben eine Hantel in die Hand oder auf den Rücken zu nehmen.

Die Angst vor Verletzungen durch “sichtbare” Last ist also basierend auf einer falschen Annahme davon wie Training funktioniert und wie sich eine wirkende Last ergibt.

Warum ich mangelndes Wissen im Bereich Trainingssteuerung ankreide erfahrt ihr in Part 2! Also stay strong und seid mal mehr functional!