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Es gibt keine undulierende Periodisierung – Periodisierung erklärt. Part 2

Die wichtigsten Punkte aus Teil 1 zusammengefasst:

  • Matveyev wurde oft falsch verstanden und zitiert
  • Periodisierung ist nie komplett linear
  • Periodisierung ist die zeitliche Organisation des Trainings
  • Periodisierung ist die Organisation der Trainingsanpassungen
  • Trainingsanpassungen entstehen nicht durch eine einzelne Übung oder Einheit sondern primär durch das Zusammenspiel mehrerer Übungen und Einheiten
  • Nicht jede Übung ist geeignet, um Anpassungen zu trainieren

Wann ist Periodisierung komplex? 

Neben der Tatsache, dass Periodisierung immer ein komplexes Thema ist, spricht man von komplexer Periodisierung, wenn mehrere Biomotorische Anpassungen in einem Mikrozyklus trainiert werden.

“Complex training, which involves the concurrent (during one workout or microcycle) and parallel (prolonged stages of training up to a year) use several training tasks and loads of different primary emphasis, is usually regarded as the most effective form of training construction.” Verkhoshansky

Dementsprechend wäre undulierende Periodisierung nicht wirklich etwas anderes als das. Man trainiert schliesslich Kraftausdauer, Maximalkraft, Hypertrophie in einem Mikrozyklus.

Was ist dann Block Periodisierung?

Schreitet man im Training voran wirken die einzelnen Reize nicht mehr so wie am Anfang ( damit ist sogar die Zeit nach den Newbie Gains gemeint, selbst in den ersten Jahren löst ein Trainingsreiz noch mehr aus als später). Somit wird die Summation der einzelnen Reize wichtiger, da man so einen höheren Gesamtreiz erreicht. Wie ich das meine?

Ein erfahrener Sprinter braucht ein konzentrierteres Maß an hochintensivem Krafttraining, um eine Basis für sein Sprinttraining zu schaffen (so die Theorie). Dementsprechend baut man einzelne Blöcke, welche jeweils eine Hauptadaptation erreichen sollen. Die bekannte Varianten sind:

Hypertrophie – Maximalkraft – Explosivkraft – Sprintschnelligkeit

Kraftausdauer – Hypertrophie – Maximalkraft

Dazu wäre natürlich auch die Idee von Hypertrophie – Kraft – Peak/Maximalkraft zu zählen.

Verkoshansky nennt das Ganze Conjugate Sequence System und beschreibt es so:

“The conjugate sequence system (…) involves successively introducing into the training program separate, specific means, each of which has a progressively stronger training effect, and coupling them sequentially to create favorable conditions for eliciting the cumulative effect of all the training loads.” –  Verkhoshansky (2)

Wichtig an diesem Zitat ist besonders die Tatsache, dass der kumulierte Trainingseffekt im Vordergrund steht – also die Summe der einzelnen Reize die letztendlich zu einer Gesamtanpassung und somit zur Sportform oder dem Peak führen.

So und warum gibt es dann keine undulierende Periodisierung?

Wenn Complex oder Concurrent Periodization das gleichzeitige Training mehrere Fähigkeiten in einem Trainingsblock ist, einzelne Übungen spezifische Zwecke erfüllen können und Training immer in Wellenform erfolt – was sollte dann normales Training von undulierender Periodisierung unterscheiden?  Genau nichts.

Und warum ist es wichtig das zu wissen?

Wenn man sich mit Training beschäftigt und sich dafür interessiert, sollte man verstehen, dass es sich hier um die sinnvolle Strukturierung von Trainingsreizen geht – nicht darum irgendetwas möglichst zu benennen und damit den Leuten ein falschen Verständnis zu geben. Dies führt zu Debatten, um die perfekte Periodisierungsform, die leider keinerlei erfolgreichen Ausgang und keinen Erkenntnisgewinn mit sich bringen. Oder gar zur Diskussion, ob Periodisierung überhaupt einen Sinn macht… Training gehen nicht ohne Organisation und somit nicht ohne Periodisierung.

Wenn also Watzlawieck in der Kommunikationswissenschaft sagt “Man kannst nicht nicht kommunizieren”, dann müsste man also in der Trainingswissenschaft sagen “Man kann nicht nicht periodisieren.”

Damit ihr was mitnehmen könnt

Periodisierung im schnell Check:

  1. Was ist sind deine nächsten Ziele und wie sind sie priorisiert ( Wir brauchen ein übergeordnetes Ziel)?
  2. Wie lange ist Dein Trainingszeitraum?
  3. Wie oft kannst Du in der Woche trainieren?
  4. Was sind Eckdaten wie Testwettkämpfe oder Camps?
  5. Welche Trainingsmöglichkeiten stehen Dir zur Verfügung?

Das ist der Zeitmangament Teil. Nun solltest Du einen großen Zeitraum haben – sagen wir 20 Wochen – bis zum Testtag. Das ist die gesamte Trainingsperiode, der Makrozyklus. Diese solltest Du in kleinere Perioden unterteilen  z.B. Monate/4Wochen Blöcke- die Mesozyklen.  Nun teilt man den einzelnen Mesozyklen Trainingsziele zu. Nun kommen die Mikrozyklen, hier nehmen wir je eine Woche. Hier werden die Trainingseinheiten organisiert, wann macht man welche Hauptinhalte.

Nun strukturieren wir nach Inhalten: Haben wir die Ziele für die Mesozyklen so zugeteilt, dass sie aufeinander aufbauen?  Das sollte man nun abchecken  und dabei bedenken es geht nur um einen Fokus in dem jeweiligen Block. In einem Hypertrophieblock hast Du eventuell auch mehr Assistanceübungen (beim KDKler wie auch beim Athleten) um eine solide Basis zu schaffen. In einem Explosivkraftblock reduzierst du die Assistanceübungen lässt sie aber nicht komplett weg. Somit ist auch hier ein “Hypertrohpiestimulus” enthalten. In sich betrachtet wird der Plan nun automatisch von generellen und nicht so intensiven Inhalten zu spezifischen und intensiven Inhalten verlaufen – Wenn die Ziele der Einzelnen Blöcke richtig angelegt sind.

Intensiver heisst: Mehr Gewicht für KDKler und Schneller oder explosiver für die meisten Athleten – nicht anstrengender.

Wenn Du eine sinnvolle Struktur für die Mesozyklen gefunden hast ergeben sich die Mikrozyklen nahezu von selbst. Nun musst Du nur die Inhalte auf die Trainingseinheiten unterteilen und dabei schauen, dass die Müdigkeit nicht zu stark angehäuft wird, die einzelnen Einheiten sich nicht gegenseitig einschränken und die Übungen zu den Inhalten passen.

Nun bist Du schon mal gewappnet denn:

Without a plan your planning to fail

 

Euer Coach B

(1)  Mel C. Siff, Yuri Verkhosansky: Supertraining ( p.367)

(2) Mel C. Siff, Yuri Verkhoshansky: Supertraining (p.290)

Es gibt keine undulierende Periodisierung – Periodisierung erklärt.

Jeder, der mich kennt und schon über Trainingsplanung mit mir gesprochen hat wird meine Ausführungen zum Thema Periodisierung und so genannter Periodisierungsformen wie undulierender Periodisierung und western linear Periodization gehört haben.  Denn es liegt mir einfach am Herzen. Es gibt so etwas nicht. Und jetzt kommt es:

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Matveyev hat nie behauptet Periodisierung verläuft linear.

Warum Matveyev?

Dieser werte Herr war es, der das erste und somit grundlegende Werk zum Thema Periodisierung geschrieben hat. Zu diesem Zweck untersuchte er das Training verschiedener Spitzenathleten der UDSSR und wertete die Daten aus. Der erste wichtige Punkt an dieser Stelle ist: Es handelt sich natürlich um closed skill Sportarten, deren Inhalte sich gut messen und erfassen lassen. Das wichtigste überlieferte Ergebnis war – so möchte man meinen – dass die Intensität der Inhalte zum Wettkampf hin stieg, während das Volume sank. NIE war von einer linearen Entwicklung die Rede.

“Wave oscillations charaterise load dynamics both in relatively small and more prolonged phases (stages, periods) of the trading process.” – Matveyev

Ich weiß wirklich nicht wer diesen Text gelesen hat und dann mit der Idee aufkam man müsse die Intensität linear anheben und das Volumen linear senken. Noch trauriger, dass hierzulande alle unsere gute Sportwissenschaft zu vergessen scheinen während sie sich den Büchern des US Fitnessmarktes entgegenwerfen und dann von linear Periodization reden. Noch trauriger, dass an deutschen Universitäten immer noch erzählt wird, dass man in Maximalkraftphasen auch 3er Wiederholungen am Beinstrecker macht – einfach in allen Übungen.

Irgendwann kam dann der Terminus Undulating Periodization und Daily Undulating Periodization auf. Es wurden Bücher zu dem Thema geschrieben und gelesen. Es wurde einfach so angenommen. Man findet Studien zu diesem Thema auf pubmed – und da frage ich mich doch was falsch läuft mit der Trainingswissenschaft.

Warum?

Dazu müssen wir erstmal erläutern was Periodisierung wirklich ist.

“Periodization is one of the most important concepts in training and planning. This term originates from period, which is a portion or division of time into smaller, easy – to – manage segments, called phases of training” (Bompa)

Es handelt sich also grundlegend um eine Management Struktur. Wie teile ich das Training ein, um es besser planen zu können. Was wird geplant?

  1. Jahresplanung (Wettkämpfe, Grundlagenphasen, Übergangsphasen etc.)
  2. Planung der Biomotorischen Fähigkeiten (Maximalkraft, Explosivkraft, Ausdauer…)
  1. Jahresplanung

Um sich gut auf einen Wettkampf vorbereiten zu können sollte man sich vorher einen Zeitplan machen. Wann arbeitet man an den Grundlagen, wann wird man spezifischer und wann nimmt man sich Zeit um auszukurieren und für den nächsten Wettkampf Anlauf zu nehmen.

Diese Planung wird auf Ebene von Makrozyklen (Jahre, vier Jahrespläne) Mesozyklen (ein Monat oder auch mehrere) und Mikrozyklen (kleinster Planungsteil mit ein bis sieben Tagen in der Regel). Diese Aufteilung ist wichtig, um auf allen Ebenen strukturiert zu bleiben.

2. Planung der Biomotorischen Fähigkeiten

Strukturelle Adaptation (Anpassung des Passiven und aktiven Bewegungsparates – also Sehnen, Knochen und Muskeln) ist die Anpassung, die man in einer Grundlagenphase beispielsweise vorrangig erreichen will. Maximalkraft und neuromuskuläre Effizienz (Intramuskuläre Koordination) ist was man kurz vor einem KDK Wettkampf primär trainiert.

So, also ist Periodisierung die zeitliche Planung des Trainings und die Abstimmung der Inhalte (Anpassungen die ich erreichen will – noch gar nicht Übungen und Sätze) in einer möglichst effektiven Reihenfolge.

Lifestyle
Sogar der Hund findet es total spannend

Wie ich meine Sätze und Wiederholungen nun nutze richtet sich – ausschließlich – nach den gewünschten Anpassungen.

Hier gilt es zu beachten:

  1. Nicht jede Übung ist für jede Anpassung geeignet
  2. Eine Einheit hat keinen grossen Effekt
  3. Die Summe der Reize entscheidet über die Ausprägung der Anpassung

1.Nicht jede Übung ist für jede Anpassung geeignet

Mehrgelenkige Übungen (compound movements neudeutsch) eignen sich für zentral nervöse Anpassungen (intra- und intramuskuläre Koordination) und somit für Maximalkraft, Explosivkraft und alle ihre Unterformen. Ebenso eignen sie sich um Stoffwechselanpassungen zu erreichen (aerobe, anaerobe Kapazität etc.). Ein Bizepscurl taugt hierfür genau so wenig wie der Beinstrecker. Isolationsübungen, eingelenkige Übungen, sind ideal um strukturelle Integrität zu fördern und somit für Rehabilitation, Ästhetik und um Schwachpunkte auszugleichen.

Deshalb macht man am Beinstrecker nie weniger als 6Wdh und in der Kniebeuge schon mal sehr schwere 1er oder 2er.

2. Eine Einheit hat keinen großen Effekt

Wenn Du dein Maximum im Bankdrücken hochschrauben willst, was glaubst Du wieviele Einheiten du brauchst, um einen neuen PR zu drücken?

Sicher nicht eine. Die Anpassung ist nicht Resultat einer Übung. Auch nicht einer Einheit. Eine Hypertrophieeinheit Bankdrücken und Klimmzüge löst noch nicht viel aus. Drei Einheiten in einer Woche machen schon was aus, zwölf Einheiten in einem Monat einen Unterschied und 36 Einheiten in drei Monaten lassen T Shirts enger werden.

3. Die Summe der Reize entscheidet über die Ausprägung der Anpassung

Nicht eine einzelne Einheit alleine entscheidet was für Anpassungen ich erreiche, besonders der additive Effekt der einzelnen Einheiten sorgt für eine Anpassung. Genau das wird immer wichtiger je fortgeschrittener der Trainierende ist.

Im zweiten Teil geht es dann tatsächlich an das undulierende und lineare und warum Periodisierung komplex sein kann und auch in Blöcken oder nicht. Es kommt also noch viel. Bis dahin:

schwer heben – besser leben

Euer Coach B

Der Mythos um Laktat – Gastartikel von Dominik Geng

Der Energiestoffwechsel ist ein Thema, dessen Grundlagen einfach zu verstehen sind. Möchte man jedoch tiefer in die Materie eindringen, stellt man fest, wie komplex das Thema wirklich ist.

Da ich in letzter Zeit unheimlich viel Halbwahrheiten – um nicht Bullshit zu sagen – rund um dieses Thema gehört habe, möchte ich gleich mit dem am kontroversesten Themen von allen beginnen: Laktat.

Doch zunächst die absoluten Grundlagen, die notwendig sind um den Artikel zu verstehen.
Ich habe sie sehr stark vereinfacht umschrieben, um den Text für jedermann zugänglich zu machen.
Adenosintriphosphat (ATP) ist der Energieträger in unserem Körper. Durch die Abspaltung von einem Phosphat von ATP wird Energie frei, sodass Muskeln mittels des Querbrückenzykluses kontrahieren können.
Unser Körper hat verschiedene Mechanismen, ATP wiederherzustellen. Einer dieser Wege ist die Glykolyse. Hierbei wird Glukose zu Pyruvat umgewandelt. Dieses Pyruvat kann nun entweder in die Mitochondrien eingehen (aerob) oder mittels des Enzyms Laktatdehydrogenase (LDH) und NADH zu Laktat und NAD+ konvertieren (anaerob).
Mitochondrien sind die sogenannten Kraftwerke der Zelle, in denen alle Stoffwechselwege ablaufen, die Sauerstoff benötigen.

Und hier kommen wir bereits am ersten Mythos um Laktat an: Laktat wird nur produziert, wenn nicht genug Sauerstoff vorhanden ist.
Dies ist falsch. Pyruvat kann viel schneller produziert werden, als es im Mitochondrion verstoffwechselt werden kann. Dazu ist die Aktivität des Enzym LDH relativ hoch im Skelettmuskel, wodurch ständig Laktat produziert wird. Wenn also die Intensität zunimmt, werden Pyruvat und NADH schneller produziert als sie oxidativ verstoffwechselt werden können. Pyruvat und NADH sind die Substrate des Enzyms LDH. Steigt die Substratkonzentration an, so steigt die Geschwindigkeit mit der aus den Substraten die Produkte Laktat und NAD+ werden.
Einfach gesagt: Sind die langsamen oxidativen Wege „überfüllt“, so wird vermehrt auf die schnelle, anaerobe Glykolyse zurückgegriffen und mehr Laktat produziert

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Laktat und der pH-Wert:

Zur Erklärung: Der pH-Wert ist der negative Logarithmus der H+-Konzentration.

Mehr H+ = niedrigerer pH-Wert = saures Milieu (auch Acidose genannt)

Normalerweise arbeiten unsere Muskelzellen bei einem pH von 7. Durch maximalintensive Belastung kann dieser auf 6,2-6,5 sinken.

Ein weiterer Mythos: Laktatsäure. Ja es gibt Laktatsäure, aber die ist beim menschlichen pH-Wert praktisch nicht vorhanden.

In Korrelationsstudien wurde festgestellt, dass ein starker zeitlicher Zusammenhang zwischen Laktatanhäufung, der Akkumulation von Wasserstoff-Ionen(H+) und Eintritt von Ermüdung besteht. Demnach wurde davon ausgegangen, dass ein Senken des pH-Werts wesentliche Ursache für muskuläre Ermüdung ist.

Mit diesen frühen Studien gibt es einige Probleme. Bei Studien mit intakten, aber abgetrennten Muskelfasern lagen die Temperaturen bei ca. 10°C, da die Messmethoden derzeit keine höheren Temperaturen zuließen. Erst später erlaubten neuere Methoden eine Untersuchung bei 25-37°C. Dabei fand man keine oder kaum Effekte der Acidose auf isometrische Kraft oder Verkürzungsgeschwindigkeit. (2)
Typische pH-Wert für verschiedene Belastungen. a: Abweichungsbereiche in Klammern; b: Intensität bei 60-90% von VO2max Quelle: (2)

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Ist ein niedriger pH-Wert also vielleicht gar nicht so schlimm?

Tatsächlich sind die positiven Effekte eines niedrigeren pH-Werts gut dokumentiert.
So kann Hämoglobin mehr Sauerstoff in saurem Milieu abgeben (der sog. Bohr-Effekt) und die Durchblutung im arbeitenden Muskel wird verbessert.

Aber es geht auch komplexer:
Gelangt ein Impuls an den Muskel wird durch das Sarkoplasmatische Retikulum Calcium (Ca2+) ausgeschüttet, was den Querbrückenzyklus einleitet, indem es unteranderem an das Protein Troponin-C (TnC) bindet. (2)

Durch eine Reduzierung des pH von 7,0 auf 6,3 wird die Affinität von Calcium für viele Stellen im Muskel stärker gesenkt, als für den kontraktilen Apparat. (3)
Folglich ist die Menge an Ca2+, die an TnC binden kann bei niedrigerem pH höher. Daraus folgt, dass freies Ca2+ im Cytoplasma während Kontraktion sogar größere Konzentrationen in saurem pH als normalen pH erreicht. (4, 5) Somit ist die Kraftantwort auf einen motorischen Impuls sogar erhöht (3, 6) und kontraktile Kraft könnte schneller ansteigen (7).

Außerdem führt der niedrige pH-Wert dazu, dass weniger Kalium+ die Muskelzelle verlässt, indem es die Chloridkanalaktivität verbessert (8). Dies spielt eine wichtige Rolle in der Erhaltung der Erregbarkeit der Muskelzelle.

Nichtsdestotrotz muss festgehalten werden, dass starkes Absenken des pH-Werts auf ca. 6,5 und darunter auch in anderen Studien zu Krafteinbußen geführt hat.
Viele dieser ursprünglichen Korrelationsstudien wurden außerdem unter ischämischen – Blutzufuhr abgebunden – Bedingungen geführt. Das führt aufgrund der Sauerstoffnot zwangsläufig dazu, dass die Laktatproduktion unverhältnismäßig hoch ist. (9)
So kontrovers man den pH-Wert auch diskutieren kann, Laktat scheint nicht der hauptsächliche Grund für dessen Veränderungen zu sein. Bei Tiidus, Toupling und Houston (10) liest man, dass die Acidose und Laktatakkumulation während intensiver Belastung eher zufällig sind. Tatsächlich kann ein Großteil der Acidose des Skelettmuskels bei Belastung dem ATP Verbrauch selbst hinzugeschrieben werden, bei dem ein H+-Ion entsteht.

Der nächste Mythos: Laktat ist ein Stoffwechselendprodukt / Abfallprodukt
Tritt Laktat aus dem Muskel in den Blutkreislauf ein, kann es in weniger aktive Muskeln wieder aufgenommen, zu Pyruvat oxidiert und dann weiter als oxidativer Brennstoff gebraucht werden. Findet es seinen Weg zur Leber oder Niere wird es nicht nur zu Pyruvat, sondern ganz zurück zu Glukose umgewandelt.
Wie Van Hall (11) gezeigt hat, ist es jedoch wesentlich wahrscheinlicher, dass Laktat in ein- und derselben Muskelfaser zu Pyruvat umgewandelt und weiterverarbeitet wird.

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Das führt mich zu meinem letzten Problem: Welche Aussagekraft haben Laktattests?

Meiner Meinung nach sind Muskellaktattests ein gut geeignetes Mittel um die Intensität einer Belastung festzustellen. Jedoch sind diese Tests invasiv und nicht ohne weiteres durchzuführen.
Blutlaktattests sind dagegen unheimlich einfach durchzuführen. Doch hier ist die Problematik eine viel Größere:
Der Laktatspiegel im Blut ist immer das Ergebnis von Laktatproduktion und Laktatelimination (durch die selben Muskeln, durch andere Muskeln, durch den Herzmuskel, durch die Leber, zum kleinen Teil auch durch die Nieren).
Laktat wird auch zu einem geringen Teil von roten Blutkörperchen produziert und ist ein Parameter des Blutstoffwechsels.
Desweiteren ist die Laktatproduktion von vielen trainingsunabhängigen Parametern bestimmt, die interindividuelle Vergleiche sehr schlecht bis unmöglich machen. (Muskelfasertypverteilung, zytosoler Redoxstatus, Ernährungszustand)bildschirmfoto-2016-11-15-um-15-11-55

Ich plädiere nicht dafür Laktattests komplett abzuschaffen, sich jedoch deren Einschränkungen bewusst zu sein.

Die Kontroverse, die Laktat umgibt rührt wahrscheinlich von Problemen her, die in der Wissenschaft aber auch im Alltag allgegenwärtig sind.
Laktat wird früh als vermeintlicher Ermüdungsfaktor – zum ersten Mal 1907! – erklärt. Aus Trägheit, die allgemeine Meinung zu ändern und vor allem dem Bestätigungsfehler, also mehr und nur jenes Wissen anzuhäufen und auszuwählen, welches die vorhandene These unterstützt, wächst die Laktathypothese immer weiter. Das grundlegende Problem hierbei ist jedoch, zwischen zwei Ereignissen, die zeitlich zusammenhängen (Laktatanhäufung und Ermüdung) direkt eine Ursache-Wirkungsbeziehung zu knüpfen.

Muskuläre Ermüdung ist ein unglaublich komplexes Thema, welches auch heute noch nicht ganz verstanden ist. Das Thema zeigt, dass auch in der Sportwissenschaft voreilige Schlüsse gezogen werden. Erfreulicherweise gibt, es jedoch auch genügend Forscher, die selbst längst etablierte Erkenntnisse kritisch in Betrachtung ziehen.
Quellen:

(1) Baker JS, McCormick MC, Rosbergs RA. Interaction among Skeletal Muscle Metabolic Energy Systems during Intense Exercise. J Nutr Metab (2010)
(2) Cairns SP. Lactic Acid and Exercise Performance. Culprit or Friend? Sportsmed 2006; 36 (4)
(3) Wolosker H, Rocha JB, Engelender S, Panizzutti R, De Miranda J, De Meis L. Sarco/endoplasmic reticulum Ca2 – ATPase isoforms: diverse responses to acidosis. Biochem J 321: 545–550, 1997.
(4) Baker AJ, Brandes R, Weiner MW. Effects of intracellular acidosis on Ca2 activation, contraction, and relaxation of frog skeletal muscle. Am J Physiol Cell Physiol 268: C55–C63, 1995.
(5) Westerblad H, Allen DG. The contribution of [Ca2 ]i to the slowing of relaxation in fatigued single fibres from mouse skeletal muscle. J Physiol 468: 729 –740, 1993.
(6)Ranatunga KW. Effects of acidosis on tension development in mammalian skeletal muscle. Muscle Nerve 10: 439 – 445, 1987.
(7) Radzyukevich T, Edman KA. Effects of intracellular acidification and varied temperature on force, stiffness, speed of shortening in frog muscle fibers. Am J Physiol Cell Physiol 287: C106–C113, 2004.
(8) Nielsen OB, De Paoli F, Overgaard K. Protective effects of lactic acid on force production in rat skeletal muscle. J Physiol 536: 161–166, 2001.
(9)Marcinek DJ, Kushmerick MJ, Konley KE. Lactic acidosis in vivo: testing the link between lactate generation and H+ accumulation in ischemic mouse muscle. J Appl Physiol (1985). 2010 Jun;108(6)
(10) Tiidus PM, Tupling AR, Houston EM. Biochemistry Primer for Exercise Science. Champaign, Il 2012
(11) Van Hall, G. Lactate kinetics in human tissues at rest and during exercise. Acta Physiologica (2010); 199: 499-508
(12) Gladden LB. Lactate Metabolism: A new paradigm for the third millennium. J Physiol 558.1 (2004)

Volumen – Wie viel ist viel? Understanding Strength Serie

Nach dem wir im letzten Artikel diverse Parameter zum Thema Intensität geklärt haben werden wir uns dieses Mal um den Trainingsumfang kümmern – das Volumen.

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Sind alle Wiederholungen gleich?

Die einfachste Variante zur Bestimmung des Umfangs ist das zählen der Wiederholungen – die Number of Lifts (NL).  Meist werden hier nur Wiederholungen erfasst die über 60%1RM liegen, also evtl. auch Aufwärmsätze. Das liegt einfach daran, dass angenommen wurde, dassunter dieser Schwelle die Last nicht ausreicht, um einen effektiven Stimulus zu bieten. Allerdings gibt es viele Coaches die mittlerweile schon ab 50%1RM Wdh zählen. Gerade wenn man Varianten, z.B. Pause Squats, vom normalen Maximum (Kniebeuge in diesem Fall)  berechnet oder mit Kadenzen wie 4s Absenken arbeitet.

NL haben nun Vor- und Nachteile:

Vorteile:

  • einfach zu kalkulieren
  • einfach zu vergleichen
  • Trackbar über das gesamte Jahr

Nachteile:

  • unabhängig von der Intensität

Zusammengefasst ist die einfache Handhabung das große Plus. Da nun aber evtl. Wdh mit 60% anders zu werten sind als Wdh mit 80% gibt es weitere Werte.

Tonnage 

Wdh x Sätze x Gewicht = Tonnage

So einfach ist die Tonnage zu berechnen. In der englischen Literatur spricht man hier von Volume Load. Der Vorteil liegt nicht nur in den massiven Tonnenzahlen die man so bewegt hat und die dann das Ego aufbauen. Man hat nun die Möglichkeit mittels Gewicht die Intensität quasi mit einzubeziehen.

Die große Crux an der Tonnage bleibt jedoch, dass auch hier die Intensität etwas verschwommen abgebildet wird. Warum? Hierzu ein Beispiel:

10 x 3 x 60kg = 1800kg

6 x 2 x 150kg = 1800kg

Sicherlich hätten beide Trainingseinheiten einen unterschiedlichen Impact. Besonders, wenn man nun noch mehrere Sätze miteinbeziehen wird es undeutlicher.

Der Korinthenkacker 

Die wahrscheinlich bürokratischste Lösung it die Einteilung in Number of Lifts in Intensitätszonen:

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Diese Variante bietet nun die Möglichkeit die Belastung der einzelnen Einheiten in Volumen und Intensität zu bestimmen.

Was macht Volumen?

Masse. Gainz. Die Grundlage um stärker zu werden. Volumen ist sicher ein treibender Faktor, wenn es um Hypertrophie und auch um Kraft geht. Allerdings liest man nicht nur bei Kurz (Science of Sports Training), dass es der Hauptfaktor für Übertraining ist. Tatsächlich ist Intensität etwas autoregulierend, da hier einfach das Nervensystem schlapp macht und die Intensität nach unten regelt. Demgegenüber kann Volumen sehr lange in einem zu hohen Bereich gefahren werden, bevor sich das Übertraining überhaupt bemerkbar macht.

In Managing the Training of the Weightlifter lesen wir jedoch, dass bei den sowjetischen Gewichthebern der unteren Klassifikationen (hier wurde nach Leistung in verschiedene Niveaustufen unterteilt) das ansteigende Volumen notwendig ist, um den Schritt auf das nächste Level zu machen. Erst bei den höheren Klassifikationen wird das Anheben der Intensität entscheidend. Diese Tatsache folgt auch einem ganz logischen Muster: Jeder Athlet muss erst ein mal eine solide Grundlage schaffen, muskulär und technisch, und das über einen langen Zeitraum (Wie hier schon erwähnt). Erst dann ist man auch in der Lage den Nutzen aus der steigenden Intensität zu ziehen. Zudem kommt auch hier der zeitökonomische Faktor ins Spiel: irgendwann kann man nicht noch mehr trainieren.

Ich hoffe ihr konntet auch dieses mal etwas mehr mitnehmen und zählt jetzt fleissig Tonnen oder wieviel ihr tatsächlich macht.

 

Euer Coach B

Intensität – Jenseits von Motivationsvideos wird es komplizierter Understanding Strength Serie

Intensität im Krafttraining hat leider nichts mit Schreien, Qualen bei der letzten Wiederholung oder Training bis zum Umfallen zu tun. Zumindest nicht direkt und vor allem nichts mit objektiver Intensität. 

Wie bezeichne ich objektive Intensität im Krafttraining? 

Jeder kennt Trainingspläne mit Gewichtsangaben in Prozent genauer gesagt %1RM. Diese Angabe sagt mir wie viel Gewicht ich in Relation zu meinem 1 Wiederholungsmaximum verwenden soll und ist die relative Intensitätsangabe. Die direkte Intensitätsangabe wäre das Gewicht.

Max = 200 %1RM Last

100 %

200kg

95 %

190kg

90 %

180kg

85 %

170kg

80 %

160kg

75 %

150kg

70 %

140kg

Anhand dieser prozentualen Verhältnismäßigkeit kann ich nun eine Relation zu maximal möglichen Wiederholungen bei einer bestimmten Intensität herstellen. Wenden wir uns an Mladen Jovanovic finden wir diese schöne Tabelle:

table1

Wir sehen also das Cal Dietz sagt bei einer Intensität von 80%1RM sollten 5-6 Wdh möglich sein, während Dan Baker hier 7 Wdh für möglich hält (Beide verlassen sich hier natürlich nicht auf das Gefühl sondern auf Datensätze von ihren Athleten).

Diese maximale Auslastung ist nun aber vielleicht nicht immer erwünscht. Dementsprechend brauchen wir einen Kennwert für die Auslastung in einem Satz, denn ich kann ja auch 7 Wdh mit 67,5%1RM machen – ist eben nur nicht maximal ausbleastend.

Hierfür gibt es noch Angaben wie Reps in Reserve (RIR)(Wiederholungen, die noch möglich gewesen wären) oder hierzu korrelierend die Rate of Perceived Exertion (RPE). Beide Werte stellen Intensitätskriterien dar, die sich auf die Auslastung in einem Satz beziehen.

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Bild: http://articles.reactivetrainingsystems.com/2016/01/06/customizing-your-rpe-chart/

Wenn ich also einen Satz mit einer Intensität von 8 RPE und 1 Wdh mache, dann sollte das in etwa 92,2% 1RM entsprechen (Diese Tabelle ist nur ein Anhaltspunkt). Mit der selben relativen Intensität von 92,2%1RM wären mir bei  maximaler Ausbelastung (RPE10) 3 Wiederholungen möglich. Die RIR wären in diesem Beispiel also 2 bei einer RPE von 8, denn es diese Anzahl an Wdh wäre ja bei voller Anstrengung möglich gewesen.

Was ist jetzt wichtig?

Für eine solide Trainingsplanung brauchen wir eine Progression, wie wir in den vergangenen Artikeln erschlossen haben.

Wenn ich das genutzte Gewicht plane kann ich dieses also in der reinen Last tun:

bildschirmfoto-2016-10-04-um-15-06-23

Ich kann nun zur besseren Information noch die relative Intensität angeben:

bildschirmfoto-2016-10-04-um-15-08-13

Nun wird ersichtlich, dass ich jede Woche um 5%1RM steigere und ich kann das in Relation zu der maximal möglichen Wiederholungszahl setzen:
bildschirmfoto-2016-10-04-um-15-10-59

 

 

 

 

Was nutzt uns das? Nun wird deutlicher ersichtlich welche Woche wie schwer ist. Besonders wenn ich die RIR einfüge:

bildschirmfoto-2016-10-04-um-15-14-01

Jetzt ist klar zu sehen, dass obwohl die Wiederholungen immer weniger werden, die Auslastung pro Satz also von Woche zu Woche ansteigt (Woche 4 ist eine Reload Woche). Somit ergibt sich erst jetzt ein Bild das wirklich einen Aufschluss über unsere Progression liefert. Und auf diese Weise betrachtet offenbaren viele Programme mit logischen Progressionen ihre Schwächen, denn es geht eben nicht auf jedem Niveau 3 Sätze mit dem 6RM für 6 Wiederholungen zu machen.

Warum ist die %1RM Angabe überhaupt wichtig? 

In den meisten Trainingsplänen verwende ich nicht nur eine Übungsvariante. Um meine Kniebeuge voranzutreiben baue ich eventuell Frontkniebeugen mit ein.

bildschirmfoto-2016-10-04-um-15-24-45

hellgrün unterlegt wären nun die Frontkniebeugen und blau die Kniebeugen.

Die 5kg Progression bei den Frontkniebeugen würde bei einem 1RM von 150kg ca. 4% entsprechen – 10kg bei den Kniebeugen 5% (200kg 1RM). Die Progression ist also unterschiedlich. Viel interessanter ist allerdings das ich nun eine gesamte Progression mittels der durchschnittlichen Intensität ermitteln kann.

Jetzt wird es ein wenig komplizierter es lohnt sich aber dabei zu bleiben:

(FK(Wdh x Satz x %1RM)+ KB(Wdh x Sätze x % 1RM)) / (FK (Wdh x Sätze) + KB(Wdh x Sätze))

Ja die Klammern am Schluss hätte es nicht gebraucht, aber ihr soll ja wissen auf was es sich bezieht.

An unserem Beispiel in Woche 1 ist das:

((3x8x66%)+(3x8x70%)) / (3×8+3×8) =

(1584% + 1680%) / 48 = 68%

Die Mittlere Intensität der Woche 1 beträgt also 68%

bildschirmfoto-2016-10-04-um-15-38-15

Somit erhalte ich einen Überblick über die Belastung in der gesamten Woche bei unterschiedlichen Übungen.

Wie ich Euch hoffentlich zeigen konnte gibt es allein für den Maßstab der Intensität mehrere Beschreibungen, welche eine spezifische Aussagekraft über die Trainingsplanung haben und auch ihren Sinn und Zweck erfüllen. Auf Ebene dieser einzelnen Parameter erschliesst sich uns dann auch die wahre Natur der Progression und hier können wir uns anschauen, ob alles so Sinn macht was in einfachen zahlen vielleicht ganz gut aussieht.

Im nächsten Artikel werden wir uns dann mal ansehen was Volumen ist.

 

Euer Coach B

 

Texas Method – method to madness

Nachdem ich einige der bekannteren Trainingsmethoden oder  “Systeme” beleuchten will wird sich heute alles um die Texas Method drehen.

http://www.reiseziel-kompass.de/wp-content/uploads/2013/06/Texas.jpg
http://www.reiseziel-kompass.de/wp-content/uploads/2013/06/Texas.jpg

Zu allererst: Ich habe diese Idee noch nie selbst ausprobiert. Manche mögen das kritisieren und auch ich denke normalerweise man sollte ausprobieren, bevor man darüber spricht. Allerdings würde ich hier eine Ausnahme machen. Denn diese Methode missachtet viele der grundlegenden Prinzipien der Trainingsgestaltung. So viele so sehr, dass ich es für eine Zeitverschwendung halte.

Sicherlich mag es Leute geben, die damit stärker geworden sind, aber wie stark hätten sie in der gleichen Zeit mit einem besseren Programm werden können. Wenn euer Training nicht komplett unstrukturiert ist, wüsste ich nicht wieso man dieses Programm testen sollte.

Allerdings ist es ein Paradebeispiel, warum generelle “Systeme” keine guten Ideen oder Lösungen sind und daher perfekt, um etwas über die Grundprinzipien der Trainingsplanung zu lernen.

Das Programm

Ich habe mein Beispiel von der Seite:  texasmethodtraining.com

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Die Grundstruktur sind drei Trainingstage, Ganzkörpertrainingseinheiten, mit folgender Frequenz:

Kniebeuge: 3 Einheiten

Bankdrücken: 2 Einheiten

Schulterdrücken: 1 Einheit

Kreuzwehen: 2 Einheiten

Dazu ein paar wenige Zusatzübungen. Die Aufteilung ist eine klassische:

1 Tag “mittel” mit Volumenfokus

1 Tag “leicht” mit Regeneration/Ausgleichsfokus

1 Tag “schwer”

Die Basis bildet das 5RM (5 Wiederholungsmaximum).

Trainingstag1:

An diesem Tag wird in Woche 1 mit 90% des 5RM trainiert, in jeder Übung für 5 Sätze und 5 Wdh.  Das Trainingsgewicht steigt jede Woche, da an Tag 3 ja das 5RM von Woche zu Woche steigen sollte.

Trainingstag 2:

Dieser Tag bietet leichtere Gewichte (80%5RM in der Beuge) und Shoulder Press (Schulterdrücken) statt Bank. Zudem wird das Kreuzheben ausgesetzt. Hierdurch soll die Regeneration von der Einheit 1 gefördert werden.

Trainingstag 3:

Die schwere Einheit ist der treibende Motor: an diesem Tag soll ein maximaler 5er gebeugt, gedrückt und gezogen werden. Ziel ist es jede Woche zu steigern. Minimum wären 5% mehr als das Arbeitsgewicht in Einheit 1.  Dementsprechend käme folgende Progression:

Woche 1: 95%5RM

Woche 2: 100% 5RM

Woche 3: 105% 5RM

Oder, und jetzt wird es ein wenig kompliziert 5% mehr als das Gewicht von Einheit 1. Ich rechne das mal an dem Beispiel einer 250kg Kniebeuge vor.

Trainingseinheit 1: 85% 1RM ( entsprechend der Tabelle unten) =212,5kg

90% davon = 192,5kg ( das ist das Trainingsgewicht von Montag)

Trainingseinheit 3:

5% von 192,5kg = 9,5kg

202,5kg also das Ziel der ersten 5RM Einheit.

So sieht man das vielleicht besser:

TE 1 TE 2 TE 3
Woche 1 90%5RM 80% 5RM 95% 5RM
Woche 2 90%5RM 80% 5RM 100% 5RM
Woche 3 90%5RM 80% 5RM 105% 5RM
Woche 4 90% von 105%5RM 80% von 105% 5RM 110% 5RM

Warum halte ich dieses Programm nicht für sinnvoll?

Jeder Trainingsplan braucht eine grundlegende Progression. Diese Progression kann vielfältig strukturiert sein. Klassische Progressionen sind:

  • Steigerung der Intensität
  • Steigerung des Volumens
  • Steigerung der Spezifik (generell zu spezifisch)

Meistens hat man Kombinationen aus diesen drei Vorgehensweisen.   Die grundlegende Idee ist von viel Volumen und niedriger Intensität zu weniger Volumen und hoher Intensität zu gehen. Hierdurch sollen strukturelle Grundlagen, Hypertrophie etc., geschaffen werden und dann durch neuronale Effektivitätssteigerung, intramuskuläre Koordination, optimiert werden.

Bei der Texasmethod bleibt das Volumen in Form von Sätzen und Wiederholungen immer gleich. Die Intensität soll von Woche zu Woche steigen. Die Spezifik, in Form der genutzten Übungen, bleibt immer gleich.

Die grundlegende Idee ist also: jede Woche mehr Gewicht. Da submaximal begonnen wird ist dies auch erstmal möglich. Allerdings kommen wir da sehr schnell an den Punkt an dem eine Steigerung von Woche zu Woche nicht mehr möglich ist – wäre Training so einfach müssten wir nur unsere Arbeit leisten und jede Woche mehr Gewicht auflegen.

Natürlich kann man dann, wenn es wieder stagniert, eine Schritt zurück machen und wieder submaximal loslegen. Aber wie sinnvoll ist das?

Wir haben noch viele andere Stellschrauben im Training und wie oben erwähnt noch zwei weitere Möglichkeiten eine Progression zu gestalten. Diese sollten wir auch nutzen.

Man könnte also bei mangelndem Fortschritt dazu übergehen auf 3RM zu wechseln (weitere Intensitätssteigerung). Das wäre dann nicht mehr die Texasmethod.

Die Frage ist auch: Sollten wir wirklich eine so limitierte Trainingsidee umsetzen bis wir stagnieren, um dann einen neuen Plan zu suchen? 

Während nichts gegen solide und einfach strukturierte Trainingspläne spricht, sollten diese besonders durch eine Struktur glänzen und nicht nur durch die Wiederholungsvorgabe für eine Woche. Da es keine magische Wiederholungs- und Satzzahl gibt oder eine Kombination aus beidem ( es tut mir sehr leid diese Seifenblase zerplatzen zu lassen) sollten wir uns auch verschiedener Belastungsbereiche bedienen. So können wir vorher schon eine Progression festlegen mit der wir möglichst gar nicht erst an den Punkt der Stagnation kommen – z.B. weil wir zuvor den Wiederholungsbereich wechseln.

Stimulus und Regeneration

Diese beiden Grundbausteine machen Training: Erst erfolgt ein Stimulus, dann wird Regeneration ermöglicht und somit stellt sich ein Trainingseffekt ein.

Das ist ja auch die Idee des Volumen Tages gefolgt von einem leichten Tag bevor der Tag mit den höchsten Lasten eintritt. Allerdings sollte auch dieses Konzept auf das größere Bild angewendet werden. Deload-, Entlastungs- oder leichte Wochen können nach, durch vorangegangene Wochen, angehäufte Ermüdung Möglichkeit zur Anpassung bieten. Es geht eben nicht immer mehr und schwerer von Woche zu Woche.

Sicherlich können erfahrenere Athleten auch mit diesem Programm gute Ergebnisse erzielen, weil sie eben wissen wann sie welche Regulation vornehmen müssen und eventuell auch wie sie die Intensität oder Wiederholungsbereiche dann manipulieren. Allerdings könnten die Fortschritte mit einem besser strukturierten und langfristigem Programm sicher besser sein und die Gefahr von Überlastungsschäden,sowie  mentaler Überlastung (Monotonie von Training ist hier ein entscheidender Faktor)  wären ungleich geringer.

Alleine diese Punkte sollten uns überzeugen.

Next up:

5/3/1 – Das Wendler Programm.

Eine Antwort auf: „Fussball was machst du nur? Wenn Ignoranz in einem Sport mit viel Geld regiert“ – von Nicolai Kammann

Mein erster Post auf B’s Blog – und ich falle ihm gleich mal, teilweise, in den Rücken!AAEAAQAAAAAAAAQcAAAAJGE2ZDFhZjA2LWU2NDUtNGE5Mi04NmIwLWQ5YmU1Zjc4MjljNA

An seinem Post vom 14.3.2016 war viel Wahres dran. (Link zum Original einfügen):
Athletiktraining ist im Fussball unterrepräsentiert und die Strukturen im Fussball lassen der Athletischen und Medizinischen Abteilung oft nicht genug Mitspracherecht in der Trainingsplanung zukommen.
Die Mentalität „große Spieler sind langsame Spieler“ herrscht bei so manchem Trainer immer noch vor. Das sind aber, überraschenderweise, auch häufig Trainer die Fragen stellen wie „für was brauche ich einen Videoanalysten“.
Manche Vereine/Sportvorstände müssen erkennen dass ein guter athletischer Stab (Profis + NLZ) günstiger ist als verletzungsbedingte Nachverpflichtungen im Winter. Die Ausgaben amortisieren sich sehr schnell.
Und noch vieles mehr! Nachdem es aber immer leicht ist von außen zu urteilen, möchte ich nun einen kleinen Einblick von der anderen Seite aus geben. Sowohl was ich in meiner Zeit beim FCB erlebt habe, als auch was ich im Austausch mit anderen Clubs erlebt habe.
Nachmacher!

Zwischen 2008 und 2010 implementierten Top-Clubs das 4-2-3-1 und waren damit sehr erfolgreich. Was passierte nun? Dieses System wurde fast überall zum Standard. Solche Entwicklungen vollzieht der Fussball ständig, eben auch im athletischen Bereich. Mehr und mehr Clubs erkennen gute Beispiele, wie Benfica Lissabon, Arsenal London, Ajax Amsterdam oder AZ Alkmaar. Sie sehen Statistiken aus diesen NLZs und Profiteams mit drastisch gefallenen Ausfalldauern und Verletzungszahlen. Und nach und nach erkennen die Vereine dass die Strukturen dort ein wichtiger Faktor sind. Benfica und Arsenal haben ab der U9 Vollbeschäftigung, Spieler werden täglich gescreent und es wird in engstem Austausch mit allen Ebenen des Clubs gearbeitet. Hier geben die Athletiktrainer außerdem die Intensität und den Aufbau der kompletten Trainingseinheit vor.

Man erkennt sofort, dass hier kompetentes Personal am Werk ist. Arsene Wenger hat vor einigen Jahren Des Ryan aus dem irischen Rugbyverband abgeworben, eben um Qualität in seinen Verein zu holen. Jürgen Klopp holt nicht umsonst Bayerns Fitnesstrainer Andreas Kornmayer nach Liverpool, unter dessen Leitung Bayern – gerade zu Heynckes Zeiten – wohl eine der athletischsten Mannschaften in Deutschland war. Und was passiert? Andere Vereine versuchen sich an diesen Beispielen zu orientieren und in die gleiche Richtung zu arbeiten. Erfolg gibt dir immer recht und sorgt immer dafür, dass andere versuchen dein Konzept zu verstehen und zu implementieren.

Die Spieler sind nicht blind!

Das Mindset der Spieler wird offener. Immer häufiger sind Profis im Austausch mit Sportlern aus anderen Sportarten. Was mache professionelle Sportler irgendwann? Richtig, sie reden über ihr Training. Und Fussballprofis sind sicher gerne mal zu große Schauspieler oder mit ihren 3-mal in der Woche geschnittenen Haaren beschäftigt, sie sind aber nicht zu blöd um Unterschiede zwischen sich und Freunden aus dem Skisport, Handball oder Eishockey zu erkennen. Sie sehen die Fitness dieser Athleten, die Verletzungshäufigkeiten (oder eher nicht-Häufigkeiten) selbiger – trotz teilweise intensiverer Kontaktsportarten – und bemerken die Diskrepanz. Sportler sind psychologisch ein labiles Gebilde, sprich: Wenn sie nicht das Gefühl haben das Optimum herauszuholen, dann leidet die Leistung. Natürlich ist es für einen Athleten, ohne wissenschaftlichen Hintergrund, manchmal schwer gut von schlecht zu unterscheiden, doch dieses immer offenere Mindset und die Auseinandersetzung mit Training sorgt für eine Revolution von innen: Spieler hinterfragen Methoden, denn sie wollen mit 32 Jahren noch Spielen können, obwohl die Spielpläne immer voller werden. Außerdem werden Profis mit ausgeprägter Muskulatur oder guter Lauftechnik mehr und mehr zum Vorbild, egal ob Ronaldo oder Hector Bellerin, auch weil Profis offensiver mit dem Thema in der Presse umgehen. Eine kleine Anekdote hierzu: In meinen Jugendteams wurde ich in fast jedem Trainingszyklus von Spielern angesprochen warum wir „x“ machen und nicht „y“, und was ihre Freunde in anderen Vereinen, aber auch anderen Sportarten machen. Die Jungs wollen wissen was ihr mit ihnen macht und sie wollen wissen was das Rchtige für sie ist, auch wenn das manchmal ein HIT Medizinballzirkel ist. Und das bringt uns zum wichtigsten Punkt, den Basti auch schon angesprochen hat.

Alles steht und fällt mit dem Athletiktrainer und den Universitäten!

Wie soll sich die Sportart verbessern, wenn jeder aus Angst um seinen Job den Weg des geringsten Widerstandes geht?

Egal wo ich bis jetzt war: Wenn der Athletiktrainer Eier in der Hose hatte und auch jederzeit ruhig erklären konnte warum er etwas tut, dann war es ein super Programm/eine gut ausgebildete Mannschaft!

Fundiertes Wissen verleiht immer macht und eine unaufgeregte Selbstsicherheit Die Vereine wollen besser werden, selbst B‘s Negativbeispiele Werder Bremen oder Atletico Madrid wollten besser werden. Kann ein Sportdirektor oder Trainer Qualität erkennen, wenn er kein Fachmann ist? Oft erkennen doch nicht einmal Fitnesstrainer Qualität, sonst würde so manches Trainingssystem mit buntem überteuertem Zubehör nicht existieren.

Arsenal hat jeden Athletiktrainer Positionspapiere verfassen lassen, damit man sich immer darauf berufen kann. Man zahlt dort dem Athletiktrainer der U9 am meisten, denn wenn er schlecht ist, dann verliert der Spieler ein Jahr seiner Entwicklung das keiner mehr reinholen kann. Bayern hat sich unter Michael Tarnat von Andreas Kornmayer dazu animieren lassen Athletiktraining im Jugendbereich auszubauen. Kleinere Teams wie Heidenheim, FC St.Gallen oder der FC Augsburg versuchen momentan ihre Abteilungen auszubauen – sofern es die Finanzen zulassen. Benfica macht velocity based strength training, schickt seine Athletiktrainer zum Austausch zu NFL Teams, Division I Colleges und entwickelt mit der Uni zusammen Trainingssysteme.
Wenn der Athletiktrainer sein Konzept begründen kann, sich immer die Zeit nimmt zu erklären warum er Dinge tut und seine Arbeit irgendwann auch mit Daten legitimieren kann, dann wird ihn kein Verein der Welt absägen. Ähnliches gilt auch für die Universitäten: Je mehr diese im Austausch mit Vereinen standen, desto besser war dort die Lehre, das Personal und die Qualität und Relevanz der angefertigten Studien. Die Qualität der Universität und des Vereins war immer ähnlich. Und an wen wenden sich Vereine als aller erstes wenn sie neues Personal einstellen wollen in einem Bereich in dem sie noch kaum Erfahrung haben? Richtig, die Universitäten, die Fachmänner! Kein Ingenieursbüro würde bei einer Bäckergilde anfragen. Und genau hier, und nirgendwo sonst, ist mein größter Kritikpunkt am Fussball: Viele Trainer und damit auch Vereine verschließen sich den Universitäten, weil diese nicht praxisnah forschen würden oder sie ihre Daten nicht hergeben wollen. „Was bringt mir das? Ich bin in drei Jahren eh nicht mehr hier!“ kommt dann natürlich noch hinzu. Wie soll es besser werden wenn ihr ihnen keinen Input aus der Praxis liefert? Mit ihnen beginnt das ganze System! . Wäre mehr aus der Praxis bekannt, dann könnte man schon bei der Ausbildung und Studienlage das Niveau anheben und damit dem Sport helfen.

Um das ganze nun zu einem Abschluss zu bringen: Ja, der Fussball hängt zurück im athletischen Rennen. Doch er macht auch immer größere Schritte im Rennen um die anderen Sportarten einzuholen. Oder um es mit den Worten aus B’s Post zu sagen: Wir nähern uns den 43 Schritten auf 100 Metern mehr und mehr an!

Speed for Sports – Warum Olympic lifting keine gute Wahl ist

Olympische Gewichtheber sind explosive Athleten – keine Frage. Deswegen müssen olympische Gewichtheber Übungen doch ein optimaler Weg sein, um explosiv zu werden. Nein, das ist genauso wenig richtig wie: Hunde pinkeln gerne an Ecken. Deshalb gibt es da Ecken wo viel Hunde sind.

Das Große Bild

Wenn man sich überlegt warum Gewichtheber so explosiv sind, dann sollte man alle Faktoren einbeziehen die einen Einfluss darauf haben könnten:

  • Niedriger Körperfettanteil (in den leichten Gewichtsklassen)
  • Hohe Kraft in Relation zum Körpergewicht (2-2.5 x BW Frontbeuge und 3xBW bei der normalen Kniebeuge)
  • Viel Arbeit an maximaler Beschleunigung
  • Hervorragende Rumpfmuskulatur
  • Jahrelanges kontinuierliches TrainingLu-Xiaojun-Chinese-Weightlifting-Snatch-Pulls-Back-Cover-Milo-194-

Quelle: allthingsgym.com

Das die Maximalkraft eine wichtige Kapazität darstellt, um die Entwicklung von Explosivkraft spezifisch voranzutreiben habe ich hier schon erläutert. Dementsprechend ist die Tatsache der herausragenden Kniebeugenleistungen nicht zu vernachlässigen, wird allerdings von allen Fürsprechern des olympischen Gewichthebens meist vergessen zu erwähnen. Paart man das mit einem niedrigen Körperfettanteil, hat man schon mal einen Athleten, der sehr gute Explosivkraftwerke liefern wird. Besonders, wenn eine superbe Rumpfmuskulatur für eine gute Kraftübertragung sorgt. All das wird aber auch bei Gewichtheben eben nicht durch die Hauptübungen erreicht, sondern durch die vielen Zusatzübungen die gerade in den Anfangsjahren einen großen Anteil am Training einnehmen.

 

Es wäre also vermessen zu behaupten, dies wäre eine Folge der Olympic Lifts.

Einen weiteren empfehlenswerten Beitrag zu diesem Thema von James Smith:

www.elitefts.com/education/the-thinker-discusses-olympic-lifts/

Eine Frage der Spezifik

Je fortgeschrittener ein Athlet ist, desto spezifischer sollten die Inhalte seines Trainings sein und desto weniger tragen generelle Inhalte zur Verbesserung seiner Leistungsfähigkeit im Sport bei.

Spezifik wird durch Prof. Yuri Verkhoshansky so definiert:

  • Bewegungsausmaß
  • Richtung und Größe der Kraftentwicklung
  • Akzentuierung der Kraft in der Bewegung
  • Bewegungsgeschwindigkeit
  • Kontaktzeiten
  • Vordehnung
  • Involvierte Muskulatur

Da nun die meisten Spielsportarten vor allem Lauf basiert sind, kann die Verbesserung der maximalen Laufgeschwindigkeit, also des Top speeds, als eine spezifische Anpassung definiert werden.

Beziehen wir das also auf Topspeed:

  • Geringes Bewegungsausmaß
  • Viel Vordehnung – wesentlich mehr, als bei allen Gymaktivitäten
  • Bodenkontaktzeit von 0.8-0.12s
  • Hauptmuskulatur: Hamstrings und Gluteen
  • Gelenksaktionen: Hüftstreckung, nicht komplette Sprunggelenksstreckung, isometrische Plantarflexion
  • Die Bewegungsgeschwindigkeit ist massiv schneller als jede Gymaktivität – auch Olympic lifts

Verglichen mit einem Clean:

  • Anderes Bewegungsausmaß
  • Nahezu keine Vordehnung
  • Bodenkontazeiten enorm viel länger
  • Vertikale Kraftentwicklung entgegen einer horizontalen im Sprint
  • Komplette Streckung Hüfte. Knie und Sprunggelenk – also nicht wie im Sprint

Dementsprechend sind die olympischen Übungen schon mal nicht so spezifisch wie z.B. Hürdensprünge oder Sprints mit Widerstand. Da sie eben keine spezifische Übung darstellen sind sie nicht besser oder schlechter als andere Übungen, um Explosivkraft zu entwickeln. Sprünge mit Zusatzlast, Kneibeugensprünge, Hexbar jumps, KB Jumps, Sprünge mit Gewichtsweste, Kniebeugen doer Kreuzheben mit elastischem Widerstand sind weitere generelle Übungen, die eingesetzt werden können um Explosivkraft und Power zu entwickeln.

Warum dann nicht Olympic Lifts?

Die Anforderungen diese Übungen technisch korrekt durchzuführen sind relativ hoch. Ein Blick auf College Highlight Videos zeigt wie problematisch das wird, wenn dann unstabile Technik auf “Leistung” trifft. Wieso sollte man also viel Zeit aufwenden, um Übungen zu erlernen die nicht spezifisch und somit austauschbar sind? Richtig es macht keinen Sinn. Ja die grundsätzliche Technik kann relativ zeitökonomisch erlernt werden, aber bis eine Effizienz erreicht wird, die ein wirkliches Training erlaubt ist es eine lange Zeit.

Schauen wir uns wieder Gewichtheber an. Die Lasten die hier bewegt werden sind ein Teil des Stimulus der die Explosivität dieser Athleten entwickelt. Das bedeutet ganz einfach es ist nicht korrekt anzunehmen, dass Umsetzten aus dem Hang (Power Clean) mit 60kg die gleichen Reize setzt, wie diese Übung mit 120kg.

Eine Grundvorraussetzung für gute Leistungen in den olympischen Übungen sind gute Leistungen in den grundlegenden Kraftübungen. Folglich können auch Athleten nicht Kraft durch Olympic Lifts entwickeln sondern machen diese nur zusätzlich zu den Hauptübungen.

Kosten Nutzen Rechnung 

Nun nehmen wir an, dass wir einen Footballer oder Rugbyspieler haben, der technisch versiert ist in Bezug auf die Olympic lifts. Seine grundlegende Kraft ist auch entsprechend gut. Also die perfekte Ausgangssituation um Olympic lifts einzusetzen, oder?

Wieso sollte man eine Übung wählen, die Schultern und Handgelenke so belastet – und das für Athleten in Kontaktsportarten?

Die Verletzungsverteilung bei Gewichthebern zeigt uns, dass Schultern und Handgelenke zu den meist beanspruchten Strukturen gehören. (1)

olympic-lifting-3

Quelle:  footballbeyondthestates.wordpress.com 

Wollen wir also Athleten, die in diesem Bereich eine hohe Belastung erleben einem weiteren Stressor aussetzen, der austauschbar wäre? 

Feldsportarten sind Open Skill Aktivitäten im Gegensatz zu Closed Skill Aktivitäten wie z.B. 100m Sprint, Kugelstoßen, Gewichtheben, Weitsprung. Was das bedeutet ist der Athleten ist einer Vielzahl von Situationen ausgesetzt, welche nicht so planbar sind. Sicher kann man die Wahrscheinlichkeit einiger Manöver herausarbeiten, allerdings wird man nie den genauen Ablauf vorhersehen können. Dementsprechend vielfältig ist die Palette koordinativer Anforderungen, die an einen Sportler gestellt werden. Es gibt also genug spezifische Trainingsstimuli die gesetzt werden sollten. Somit macht es wenig Sinn so viel Mühe auf die Entwicklung der Technik einer generellen Übung zu verwenden, wenn gleichzeitig spezifische Muster durch Sprünge oder Sprints entwickelt werden können.

Eine Frage der Geschwindigkeit

Nehmen wir doch mal die Zeitfenster für maximale Kraftentwicklung bei verschiedenen Aktivitäten:

Sprint:                0.08-0.12s

Sprung:              0.17-0.18s

Kugelstoss:      0.15 – 0.18s

Powerlifting:   0.8-4.0s

Was sagt uns das? Selbstverständlich sagt es uns das Maximalkraft(Powerlifting) in Grundübungen wie hier der Kniebeuge ein genereller Inhalt ist. Allerdings beträgt das Zeitfenster bei einem Snatch 0.767s (2) je nach Größe des Hebers und Technik. Dementsprechend sind wir hier immer noch bei einem Zeitfenster, welches weit größer ist als das des Sprints. Auch vom Zeitrahmen der Kraftentwicklung kann hier nicht von einem spezifischen Inhalt gesprochen werden – es ist weit langsamer.

 

Im Athletiktraining sollte es immer um die Auswahl der geeignetsten Mittel gehen, die es mir erlauben die spezifische physische Leistungsfähigkeit des Athleten bestmöglich zu erreichen. Hier ist nicht der Platz für Glaubensfragen und “es fühlt sich an wie”. Es ist vor allem eine Frage des wie erreiche ich welche Anpassung am leichtesten und mit dem geringsten Verletzungsrisiko. 

 

 

(1) König M., Biener K.; Sport-specific injuries in weight lifting; Schweizerische Zeitschrift fur Sportmedizin [1990, 38(1):25-30]

(2) Gourhoulis V. et al.; Comparative 3-Dimensional Kinematic Analysis of the Snatch Technique in Elite Male and Female Greek Weightlifters; Journal of Strength and Conditioning Research, 2002, 16(3), 359–366

 

Kapazität vs. direkte Anwendung – Repeated Sprint Ability, 225lbs bench Press Test und Gameperformance. Der Blick dahinter Part 1

Charlie Francis hat einen hervorragenden Rat, wenn es darum geht die physischen Anforderungen einer Sportart zu verstehen:

“Look at the player not the game.”

Anhand von GPS Daten ist das nun sehr objektiv möglich. Doch auch nur mit bloßem Auge wird einem die Realität der Belastung leicht bewusst – und wie groß die Kluft zu dem ist, was bei Betrachtung des Spiels die wahrgenommene Belastung ist.

Nicht nur Missverständnisse zum Thema Richtungswechsel, Sprints und maximale Antritte können so aufgedeckt werden (Wieviele Zickzack Läufe macht ein Fussballspieler tatsächlich mit maximalem Speed?). Ein großer Teil der Erkenntnis und des Verständnisses liegt oft hinter dem offensichtlichen.

Hiermit will ich mich in dieser Reihe beschäftigen. In Part 2 wird sich alles um Spezifika drehen, doch jetzt erstmal geht es um Kapazitäten.

Schnelligkeitskapazität 

Wir fangen mit einem Beispiel an:

Athlet A läuft auf 100m 13 Sekunden (7,69m/s)

Athlet B läuft auf 100m 11,5 Sekunden (8,69m/s)

Ein 100m Sprint in 15 Sekunden (6,67m/s) würde also für Athlet A eine Belastung von 86,74% und für Athlet B 76,75% bedeuteten.  Für letzteren handelt es sich also um eine 10% leichtere Belastung als für sein Gegenüber. Wer von beiden würde, ohne ein unterschiedliches Training, diese Sprintbelastung am öftesten konstant wiederholen können?

Richtig, gehen wir davon aus, dass dies der einzige physische Unterschied ist mit Sicherheit Athlet B.  Er arbeitet auf einem niedrigeren level seiner Maximalen Kapazität. Dementsprechend wäre es für Athlet A die wichtigste Trainingsintervention seine Sprintleistung zu verbessern. So hätte er nicht nur eine bessere Leistungsfähigkeit bei wiederholten submaximalen Sprints, sondern auch die Möglichkeit im Spiel einen schnelleren maximalen Sprint einzusetzen, falls notwendig.

Würden wir uns auf die direkte Verbessrung der Leistungsfähigkeit bei den “100m in 15s Sprints” konzentrieren, könnte er das besser. Die Fähigkeit schneller zu laufen wird so jedoch nicht wirklich gesteigert.

“Speed is a one way street.” – Charlie Francis

Fazit ist also: Ein langsamer Athlet sollte nicht trainieren sehr oft sehr kontinuierlich langsam zu sein. Sein Potential liegt in der Entwicklung der Kapazität.

Maximalkraftkapazität

Auch hier wieder ein Beispiel:

Athlet A hat ein 1RM im Bankdrücken von 132,5kg

Athlet B hat ein 1RM im Bankdrücken von 160kg

Wer drückt mehr Wiederholungen im 225lbs Benchpress Test?

Athlet A arbeitet mit 77,35% während 102,5kg für Athlet B nur 64,06% darstellen. Also sollten die Wiederholungen, laut Tabelle (M.Jovanovic)nach Dan Baker, wie folgt aussehen:

table1

Athlet A: 8-9 Wdh

Athlet B: 16-17 Wdh

Auch in diesem Fall sieht man, dass es sich lohnt die maximale Kapazität zu verbessern, wenn es um einen Belastungstest bei submaximaler Intensität geht.

Gameperformance maximal oder submaximal? 

Selbstverständlich will jeder Athlet immer 100% auf dem Feld geben, zumindest sollte er das. Allerdings sind, entgegen dem was man auf den ersten Blick vermuten möchte, in den meisten Spielsportarten ein Großteil der Aktionen submaximal.  Hierzu Buddy Morris, Head of Physical Preparation Arizona Cardinals, in Bezug auf American Football :

“One of the biggest objectives that must be achieved in training is to increase the relevant maximums of three bio-motor abilities – strength (weights), power (jumps and throws) and speed (sprints).

The reasoning behind this, is based upon the structure of the game; that requires the majority of the positions (save Kickers/Punters, who must produce a near maximum output on every play) to only execute a play at an operational/sub-maximal output; in reference to their maximal ability in the same movement.”

Weiter wählt er das Beispiel eines Line Spielers:

“To give a practical example:

-A lineman may produce 500lbs of force against a tackle sled (maximal output). In order to engage an opponent in a similar movement pattern; however, he may only have to produce 350- 425lbs of force. As a result, in order to properly block or move the opponent (operational/sub- maximal output) he may only have to repeat an effort between 70-85% of his maximal output.

-If a lineman is able to increase his maximal force output against the sled, he will be able to operate at a lower level of output during the game; when he is engaged with an opponent. Thus, he has developed special work capacity; in that he will be able to repeat these efforts with less energy costs and, thereby, last longer into the game without suffering any breakdowns in technique, form, etc.”

Also immer nur das Maximum entwickeln? 

Sicherlich ist das nicht die Lösung für alles. Das Training eines Athleten sollte immer alle Facetten der sportartspezifischen physischen Anforderung trainieren – nicht unbedingt gleichzeitig und nicht unbedingt in gleichen Anteilen.

Je höher die maximale Kapazität schon liegt, desto weniger Potential bietet deren weitere Entwicklung selbstverständlich. Da man es nicht schöner als Charlie Francis ausdrücken kann verabschiede ich mich wieder mit einem Zitat:

“Having Basketball players who can’t touch the rim isn’t very helpful no matter how many times they can’t touch it.”

Was Schnellkraft wirklich ist – TEIL 2 Wie trainiere ich?

Nachdem ich in Teil 1 die Bedeutung der Maximalkraft hervorgehoben habe möchte ich im zweiten Teil auf die Trainingsmethodik hierzu eingehen.

Bei Zatsiorsky (1) lesen wir hierzu:

“Heben einer maximalen Last (Bewegungsausführung gegen einen maximalen Widerstand) – die Methode maximaler Krafteinsätze”

Es müssen also maximale Lasten – mindestens 90%1RM  – bewegtP1050743 werden. Dieses Training liest man an anderer Stelle als Intramuskuläres Koordinations Training oder bei Güllich und Schmidtbleicher (2) :

” Die höchste willkürlich realisierbare Rekrutierung wird nur bei Lasten erreicht, die >90% der Maximalkraft entsprechen(…).Die möglichst schnelle Aktivierung wird erreicht, indem gegen diese Lasten möglichst steile initiale Kraftanstiege produziert werden, indem möglichst explosiv gearbeitet wird.”

Wir können also Maximalkraft trainieren und so das Zusammenspiel zwischen Nerv und Muskel verbessern, was wiederum zu einer gesteigerten Explosivkraft führt.

Also doch nur schwer trainieren? Nicht ganz. 

Jetzt kommt es natürlich auf den Kontext an – sprich darauf für was wir eigentlich trainieren – Basketball, Football, Fussball, Sprint, Vertical jump etc. Bevor wir darauf eingehen, bleiben wir erstmal noch bei den Möglichkeiten, die das Krafttraining bietet.

Training mit niedrigen Lasten und hoher Geschwindigkeit

Werden im Training relative niedrige Lasten angewendet ist die tatsächliche Beschleunigung hoch. Wir reden hier von Lasten <60% 1RM. Da bei dieser Last bei gewöhnlichen Kraftübungen zu Beginn der Bewegung schon ein großer Impuls auf die Hantel übertragen wurde – die Hantel fliegt quasi schon – sollte eine Variante des anpassbaren Widerstands genutzt werden, also Bänder oder Ketten. Somit kann quasi durchgehend beschleunigt werden.

Dieses Training ist nur dann erfolgreich, wenn wieder maximal beschleunigt wird.

Schnelligkeit ist somit IMMER von dem Bestreben maximal schnell zu arbeiten abhängig!

Hierzu gibt es ein paar schöne Hilfsmittel, welche die Hantelgeschwindigkeit messen und so dem Athleten und Coach ein direktes Feedback über die tatsächliche Geschwindigkeit geben.

Hier sind besonders das Push Band und das Gymaware hervorzuheben.

Da dieses Thema den Rahmen dieses Artikels jedoch sprengt, wird es eine eigene Reihe zum Thema velocity based strengt training geben.

Was kann man dann noch im Gym nutzen, um seine Explosivkraft zu steigern? 

NicojumpSprünge sind immer maximal beschleunigt – langsam springen geht nicht. Selbstverständlich habe ich im Rahmen des Sprungtraining wieder ein Spektrum von langsamen Sprüngen mit Zusatzgewichten, bis hin zu schnellen Sprüngen ohne weiteres Gewicht und reaktiven Sprüngen mit extrem kurzen Bodenkontaktzeiten (<200ms!!).

“Various jumps and bounds prove themselves very useful as a means of stimulating the neuromuscular process as it relates to sprinting.” (3)

Es ist empfehlenswert das ganze Spektrum in sein Training zu integrieren und ich werde versuchen demnächst möglichst praktische Anwendungsbeispiele für die Integration von Sprüngen in das eigene Training zu liefern. Ein einfacher Tipp ist schon mal:

Was dir am schwersten fällt solltest du verbessern.

Reaktive Sprünge sind beanspruchend und bedürfen einer Vorbereitungsphase und eines kontrollierten Volumens. Sprünge auf Boxen sind sehr wenig belastend, da das “Fallen” weggenommen wird – das ist auch der hauptsächliche Sinn von Boxjumps!. Dementsprechend kannst Du von diesen Sprüngen wesentlich mehr in dein Training einbauen.

Was sind reaktive Sprünge? Alle Sprünge mit einem kurzen Bodenkontakt (<200ms). Diese Sprünge sind zudem immer mit nur wenig Kniebeugung, während Sprünge mit einem langen Dehnungs-Verkürzungszyklus auch meist mit mehr Knie- und Hüftbeugung einher gehen. Aufgrund der Spezifik oder Ähnlichkeit der Beugewinkel zu verschiedenen Phasen und vor allem aufgrund der unterschiedlichen Arbeitsweise sind relative Sprünge besonders relevant, um Topspeed zu verbessern. Sprünge mit langem DVZ sind hingegen das Mittel der Wahl, um die Beschleunigung zu trainieren. (3)

Da die meisten Spielsportarten relativ wenig Topspeed Elemente haben (ja tatsächlich), aber aus wiederholten Beschleunigungen bestehen, sollte eure Auswahl der Sprünge das auch widerspiegeln.

Also frohes Springen und heben!

Euer Coach B

(1) V.M. Zatsiorsky, Krafttraining – Praxis und Wissenschaft; 2. Auflage, Meyer & Meyer Verlag, 2000

(2)Güllich, A., Schmidtbleicher,D.; Struktur der Kraftfähigkeiten und ihrer Trainingsmethoden, Deutsche Zeits. f. Sportmedizin, Jahrgang 50, Nr 7+8 (1999)

(3) James Smith, Applied Sprint Training Manual